Solidarisch durch die Krise
Auch und gerade in Krisenzeiten kommt es auf Solidarität an. Für uns bedeutet das einerseits Solidarität mit unseren Angestellten, die ja auch wie alle mit den steigenden Preisen zu kämpfen haben. Andererseits soll kein Mitglied in die ungute Lage geraten, sich wegen der steigenden Preise kein gesundes Gemüse mehr leisten zu können. Solidarität in einem umfassenderen Sinne ist natürlich auch mit der weiteren Umgebung geboten. Ökologisches und nachhaltiges Wirtschaften bedeutet weniger Folgekosten für die Umwelt und die Gesellschaft. Wer Gemüse zu Dumpingpreisen anbietet, wälzt die Folgekosten letztlich auf die Allgemeinheit ab: durch prekäre Beschäftigungsverhältnisse in der Landwirtschaft genauso wie zum Beispiel durch Pestizidbelastung in den Böden. In diesem Spannungsfeld müssen wir uns als Genossenschaft positionieren. Das fällt uns nicht leicht, vor allem wenn es um Preiserhöhungen für unsere Mitglieder geht. In diesem Beitrag wollen wir genauer erklären, warum die Preisanpassung notwendig ist, wie wir sie (solidarisch) gestalten und was wir gemeinsam tun und in Zukunft tun können, um die Preise weiter möglichst niedrig zu halten ohne auf unsere Ansprüche an Ökologie, Nachhaltigkeit und Solidarität zu verzichten.
Die Gründe für die Preisanpassung
Es gibt eine ganze Reihe konkreter Gründe, die eine Preisanpassung für uns unumgänglich machen.
- Unsere Material- und Energiekosten sind gestiegen.
- Wir müssen unsere Löhne anpassen.
- Das Wachstum der Ernteanteile ist geringer ausgefallen als geplant.
- Die Einführung des Obstanbaus, die wir gemeinsam mit euch beschlossen haben, verursacht zusätzliche Kosten. (Dafür gibt´s bald Erdbeeren für euch!)
Bevor wir näher auf die einzelnen Gründe eingehen, möchten wir ein paar Worte über die soziale und ökologische Ausrichtung der KoLa verlieren und wie sich diese auf die Preise auswirkt. Auch mit den erhöhten Preisen schaffen wir es zwar durch den direkten Absatz und die kurzen Wege günstiges und qualitativ hochwertiges Gemüse zu liefern. Es gibt jedoch einige Faktoren in unserer Produktion, welche die Effizienz senken. Das ist eine ganz bewusste Entscheidung, denn ein zu einseitiges Beharren auf ökonomischer Effizienz hat uns als Gesellschaft in die existenzielle ökologische Krise geführt, vor der wir alle stehen! Deswegen ist es uns so wichtig eine Balance zwischen gärtnerischem, ökologischem und sozialem Anspruch und der Lebenswirklichkeit unserer Mitglieder zu schaffen. Was erhöht also unsere Kosten im Vergleich zu herkömmlichen Anbaumethoden?
- Unsere kleinteilige Strukturierung: viele Kulturen in unzähligen Sätzen, um unsere Kisten möglichst durchgängig mit vielfältigem, eigenem Gemüse bestücken zu können.
- Die nachhaltige Ausrichtung: Hecken, Blühstreifen, Kompostwirtschaft, Aufbau von Bodenfruchtbarkeit und Ressourcenschonung sorgen dafür, dass auch spätere Generationen noch gesunde Böden vorfinden.
- Innovative Technik: es verursacht (noch!) höhere Kosten möglichst klimaneutral zu wirtschaften, die wir langfristig durch Effizienzgewinne ausgleichen können.
- Gesunde Arbeitsplätze: Mitbestimmung, Eigenverantwortung, Stressreduzierung auf ein gesundes Maß, Überstundenabbau und Teambuilding-Prozesse.
All das sind Investitionen in die Zukunft: zur Erhaltung unserer Lebensgrundlage, der Natur, und den Säulen der Genossenschaft, den Mitarbeiter*Innen. Mit agrarindustriellen Großbetrieben können und wollen wir uns nicht messen, diese sind auf wenige Kulturen spezialisiert und haben keine vergleichbare ökologische Ausrichtung. Hinzu kommt in klassischen gewinnorientierten Betrieben ein untragbar hoher Grad an Ausbeutung der verfügbaren Arbeitskräfte. Wir sind und bleiben überzeugt, dass sich diese Investitionen langfristig vielfach auszahlen – für uns alle!
Gestiegene Kosten und Kreditrückzahlungen
Unsere Materialkosten sind inflationsbedingt um ca. 4 % gestiegen. Das betrifft zum Beispiel Dünger, Pflanzenschutzmittel oder Ersatzteile für unsere Maschinen. Wir setzen als Ökobetrieb auf möglichst geschlossene Kreisläufe, beispielsweise haben wir im letzten Jahr Ackerbohnen angebaut, welche wir als selbstproduzierten Stickstoffdünger einsetzen können. Im konventionellen Landbau haben Landwirte gerade immense Probleme: Erdgas wird sowohl als Rohstoff wie auch als Energiequelle im Produktionsprozess von Dünger benötigt. Die Preise für mineralische Düngemittel haben sich daher verdoppelt bis verdreifacht. Dies wirkt sich auch auf die Nachfrage nach ökologischen Düngemitteln aus. An dieser Stelle haben die Ackerbohnen, die dank dem vielen Regen im letzten Jahr prächtig gediehen sind, uns vor weiteren Preissteigerungen bewahrt. Ein gutes Beispiel dafür, dass sich Investitionen in Nachhaltigkeit langfristig auszahlen!
Pech haben wir als Ökogemüsebau allerdings bei unserer Abhängigkeit von Jungpflanzen. Wirtschaftlich wäre es Harakiri Jungpflanzen selbst zu produzieren. Wir kaufen die Jungpflanzen daher zu. Die Anzucht findet in mit Gas beheizten Gewächshäusern statt. Die dadurch im letzten Jahr entstandenen Mehrpreise müssen wir irgendwie stemmen.
Auch die Preise für Energie (Diesel und Strom) sind deutlich gestiegen – auch wenn wir davon weniger betroffen sind als herkömmliche Betriebe. Immerhin versorgt uns unsere Photovoltaikanlage zu 30 % mit Strom. Die Büro- und Pausenräume heizen wir durch die Abwärme der Kühllager.
Hinzu kommen noch die Kreditrückzahlungen. Landwirtschaft ist sehr kapitalintensiv. Im unserem Betrieb stecken über 1,5 Millionen Euro Schulden. Ab 2023 beginnen wir mit der Kreditrückzahlung an die Bank. Die Kosten hierfür verringern dementsprechend ebenfalls unseren wirtschaftlichen Spielraum. Langfristig erhöht er sich jedoch wieder, da wir unterm Strich weniger Zinsen bezahlen müssen, je eher wir die Kredite zurückzahlen.
Lohnerhöhung und Mitarbeitendenzufriedenheit
Von Beginn an ist für KoLa-Mitarbeiter*Innen eine jährliche inflationsbedingte Lohnanpassung von 2 % vorgesehen. 2022 wurde diese ausgesetzt. 2023 soll die Lohnanpassung nachgeholt und somit um 4% erhöht werden. Es soll zudem wegen der weitaus höheren Inflation 2 % Bonus ausgezahlt werden, wenn wir ein Betriebsergebnis von mindestens 30.000€ Gewinn nach Steuern erreichen.
- Der Basislohn beträgt momentan für alle sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 14 Euro brutto, zzgl. individueller Zulagen. So liegt der durchschnittliche Stundenlohn bei etwa 15,70€ brutto. Viele unserer Mitarbeitenden sind jedoch nur mit 80 % angestellt und kommen mit den allgemeinen Preissteigerungen an ihre Grenzen.
- Unsere Auszubildenden erhalten derzeit die staatliche Mindestvergütung. Hinzukommen Vergünstigungen beim betrieblichen Mittagessen, Zuschüsse bei berufsverwandten Aufwendungen und sie haben die Möglichkeit, Berufsausbildungsförderung dazu zu beantragen. Auch hier wollen wir die Vergütung um 6% erhöhen.
- Werkstudent*Innen erhielten bei uns bisher 11,75€ brutto pro Stunde. Ab jetzt zahlen wir den neuen staatlichen Mindestlohn von 12,00€ brutto.
Lohnanpassungen sind aber nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern auch eine wirtschaftlich-strategische Frage für KoLa: Gerade wird überall Personal gesucht, gärtnerische Fachkräfte sind schwer zu finden. Gut ausgebildete Personen beginnen, die Branche zu wechseln, weil sie sich bei den aktuellen gestiegenen Lebenshaltungskosten finanziell eine Arbeit in der Landwirtschaft kaum noch leisten können. Außerdem müssen wir die außerordentliche Arbeitsbelastung der Anfangsjahre nun durch einen größeren Personaleinsatz abmildern bis unsere Strukturanpassungen dies ab 2025 erübrigen.
Nachhaltigkeit und Solidarität sind uns also auch im Team wichtig. Eine geringe Fluktuation und langfristige Verbundenheit der Mitarbeitenden ermöglichen es uns, euch weiterhin zuverlässig mit gutem, fairem und ökologischem Gemüse zu versorgen!
Wachstum der Ernteanteile
Wir versorgen im Moment etwa 1200 Haushalte mit regionalem Gemüse. Unsere Kapazität reicht allerdings für bis zu 1800 Haushalte. In unserem Wirtschaftsplan sind wir von einem schnelleren Wachstum der Ernteanteile ausgegangen. Was wir aktuell nicht in unseren Kisten unterbringen können, wandert natürlich nicht auf den Kompost, sondern an Einzelhändler und den Bio-Großmarkt. Da hier noch die Gewinnmarge der Händler draufgeschlagen werden muss, bekommen wir so weniger fürs Gemüse (und ihr zahlt am Ende im Einzelhandel mehr). Daher an dieser Stelle schon mal der Aufruf: helft uns neue Mitglieder zu gewinnen und Ernteanteile direkt zu vertreiben! Nur, wenn wir genügend Ernteanteile hinzugewinnen, können wir unsere Preise halten (und eventuell sogar im Sommer wieder senken).
Investition in Obstanbau
Mit der erstmaligen Ernte von Erdbeeren und Rhabarber und auch mit der Anlage und Pflege schlägt das Obst in der Saison 22/23 zusätzlich zu den bisher geleisteten Planungsleistungen mit fixen und variablen Kosten zu Buche. Dafür freuen wir uns darauf euch bald mit frischen Erdbeeren zu versorgen!
Wie gestaltet sich die Preisanpassung?
Wir setzen, wie oben schon gesagt, auf Solidarität. Das bedeutet einerseits Solidarität mit unseren Angestellten, andererseits soll möglichst kein Mitglied wegen höherer Preise vom Gemüsebezug ausgeschlossen werden. Wir hoffen, dass unser Preissystem dazu einen Beitrag leisten kann!
Da Inflation und Energiekrise überproportional hart Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen treffen, erhöhen wir die Solipreise 1, 2 und 3 stärker um 10, 12 beziehungsweise 14%. So können die ermäßigten Kategorien 1 und 2 mit 6 beziehungsweise 4% geringer belastet werden. Zusätzlich haben wir die neue Preiskategorie “Ermäßigt III“ eingeführt. Diese Kategorie hat die alten Preise der Kategorie “Ermäßigt II“. Im Durschnitt kommen wir so auf die mindestens nötigen 8%..
Die Erhöhung des normal-Preises um 8% wirkt sich bei wie folgt aus:
- S: 1,12 €; M: 1,88 €; L: 2,64 €
In der Tabelle sind die neuen Staffelpreise ab März 2023 für alle Kategorien zusammengefasst:
Auch wenn das jetzt vielleicht erstmal viel erscheint: Bis einschließlich Kategorie „Soli I“ sind wir mit der Preissteigerung seit unserer Gründung immer noch unter den 28% Inflation, die das statistische Bundesamt für den Zeitraum in Bezug auf Nahrungsmittel angibt. Das zeigt: solidarisches Wirtschaften lohnt sich und mit einem KoLa-Ernteanteil habt ihr weniger unter den Preissteigerungen zu leiden als beim Einkauf im Einzelhandel!
Wann werden die Preise erhöht?
Der neue Preis beginnt ab der jährlichen Verlängerung deines Liefervertrages. Das heißt, wenn dein Liefervertrag zum Beispiel am 1. April 2022 gestartet hat, gilt für dich die Preiserhöhung ab dem 1. April 2023. Ihr bekommt zum Zeitpunkt der Verlängerung eine weitere Mail, welche euch nochmal auf die Preisaktualisierung hinweist, danach habt ihr ein vierwöchiges Sonderkündigungsrecht. Wir hoffen aber, dass ihr mit uns durch diese schwierigen Zeiten geht und weiterhin dabeibleibt. Bevor ihr euren Ernteanteil kündigt, überlegt doch bitte, ob ihr nicht zu einer Ermäßigung wechseln wollt oder euch evtl. mit Nachbar*Innen reinteilen könntet. Natürlich ist es auch möglich, dass Eure Preise bereits ab sofort außerplanmäßig erhöht werden. Wenn Ihr die Genossenschaft so unterstützen wollt, leistet ihr damit einen wertvollen Beitrag und wir freuen uns sehr. Aber auch hier gilt, wie bei den Soli-Preisen: es hilft allen, aber es ist Eure ganz freie Entscheidung. Falls ihr Feedback oder Fragen zu der Preiserhöhung habt schreibt uns gerne eine Mail.
Wie reagieren wir neben der Preiserhöhung auf die gestiegen Kosten?
Konsolidierung des Mitgliederwachstums
Wir stehen mit unserem Geschäft derzeit am Break-Even-Point, das bedeutet: Das Geschäft trägt sich gerade so! Wir erwirtschaften noch keine bedeutenden Überschüsse (Jahresabschluss 2021/2022: 19T €, bis 2028 ist eine Steigerung auf 60.000 € geplant). Insofern können wir zum aktuellen Zeitpunkt die anfallenden Kostensteigerungen nicht aus Überschüssen finanzieren, sondern müssen dafür die Preise erhöhen. Eigentlich hatten wir als Vorstand eine stärkere Preiserhöhung nahegelegt, um KoLa weiterhin ein solides finanzielles Fundament zu sichern. Wir haben uns aber zusammen mit dem Aufsichtsrat nun entschieden zunächst nur einen kleinen Schritt nach oben zu gehen – und stattdessen auf eure tatkräftige Unterstützung zu setzen. Wie ihr dazu beitragen könnt, dass es trotz der weiterhin angespannten Lage bei diesem Preisniveau bleibt und wir eventuell sogar die Preise im Sommer wieder senken können? Um es kurz zu machen: wir brauchen mehr Mitglieder. Wieso uns dabei niemand so gut helfen kann wie ihr, verraten wir euch bald. Erreichen wollen wir dies auch durch eine intensivierte Öffentlichkeitsarbeit, wofür wir durch das Einstellen eines neuen Kollegen in der Verwaltung die entsprechenden Kapazitäten geschaffen haben.
Verbesserung der Arbeitsabläufe
Nach einer turbulenten Aufbauphase befinden wir uns gerade in einer Konsolidierungsphase, in der wir Abläufe und Strukturen ordnen, die technischen und infrastrukturellen Gegebenheiten weiter verbessern und täglich dazu lernen. Um aus dem Überforderungsmodus herauszukommen, planen wir die nächsten zwei Jahre noch mit einem leicht erhöhten Personalaufwand in der Überzeugung, dass sich dies langfristig spürbar lohnt.
Langfristig werden wir als Genossenschaft die Krise gut überstehen!
In vielerlei Hinsicht bleiben wir dank eurer Investitionen solide aufgestellt. Wegen euch, unseren Genossinnen und Genossen, und unserer Vorarbeit sind wir gut auf die Herausforderungen der Zeit vorbereitet, obwohl wir eine junge, ganz besondere Genossenschaft sind. Das Beispiel der Photovoltaikanlage und der Kühlanlage haben wir oben schon erwähnt. Der Energiekrise konnten und können wir dadurch besser trotzen. Durch das System der Verteilstationen können uns zudem gestiegene Transportkosten viel weniger anhaben als traditionellen Betrieben und wir sind bereit für die Verkehrswende! Wir bleiben davon überzeugt, dass an ökologisch, regional und sozial nachhaltig produziertem Gemüse im Zeichen der Klimakrise langfristig kein Weg vorbeiführt. Durch demokratisches Wirtschaften ohne Ausbeutung ist und bleibt eine Agrarwende zum Wohle der Natur und der Menschen möglich und notwendig. Gemeinsam, nachhaltig und solidarisch.